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KI-Übersetzungen – doch nicht die Nonplusultra-Lösung?

Die vergangenen Jahre haben eine massive Verbreitung und einen Vorstoß in das öffentliche Bewusstsein von auf künstlicher Intelligenz basierten Übersetzungslösungen gesehen, die die Welt des professionellen Übersetzens revolutioniert haben.

Seit etwa 20 Jahren gibt es praktikable maschinelle Übersetzungssoftwarelösungen, wobei die Qualität häufig zu wünschen übrigließ. Wenn man heute auf die Ergebnisse – gerade im Bereich technische Übersetzungen – zurückblickt, waren sie sogar oft ziemlich miserabel.

Die Lösungen auf dem heutigen Markt basieren auf neuronalen maschinellen Übersetzungsmaschinen (NMT) und sind in der Lage, unter bestimmten Umständen sensationelle Ergebnisse phänomenal schnell zu liefern (die hier gemachten Beobachtungen basieren auf Übersetzungen aus dem Deutschen ins Englische, unserem Kernkompetenzbereich).

Und so neu sind sie eigentlich gar nicht. Wir nutzen DeepL seit 2018 als kostenpflichtigen Übersetzungsdienst (d.h. die übersetzten Inhalte werden nicht auf den Servern von DeepL gespeichert, so dass es keine Probleme mit dem Datenschutz gibt), und die Qualität der Übersetzungsergebnisse hat sich in den letzten 1-2 Jahren merklich verbessert.

Was sich jedoch geändert hat, ist die Tatsache, dass solche Werkzeuge schnell allgegenwärtig geworden sind und zu einem radikalen Wandel in der Denkweise bei Firmenkunden und Übersetzungsdienstleistern geführt haben. Viele sehen in der Technologie eine Möglichkeit, Kosten in einem Bereich zu senken, der für ihr Gesamtbudget eigentlich ein vergleichsweise unbedeutender Kostenfaktor ist. Was sie leider nicht bedenken, sind die potenziell weitreichenden Konsequenzen, die sich ergeben, wenn sie professionelle Übersetzungen durch ein blindes Vertrauen in billige und sofort verfügbare KI-Übersetzungen ersetzen.

Ein Warnhinweis!

Ob KI-Übersetzungen die richtige Lösung für Ihr Unternehmen sind, hängt gänzlich von Ihren Erwartungen und Ihren Ansprüchen an das öffentliche Image und die Verkaufsziele Ihres Unternehmens ab, davon, ob Sie bereit sind, Umsatzeinbußen, eine Rufschädigung, den Verlust eines potenziellen Geschäftspartners oder gar die Existenz Ihres Unternehmens zu riskieren oder schwierige Vertragsverhandlungen zugunsten der Konkurrenz zu verspielen.

Die Eignung von KI-Übersetzungen für die Dokumentation Ihres Unternehmens und deren Zweckmäßigkeit muss gründlich und sorgfältig geprüft werden. Inhalte, die nicht unternehmenskritisch sind (z. B. schnell veraltete E-Mails oder Produktrezensionen usw.), oder allgemeine Inhalte wie Unternehmensgeschichten oder Leitbilder können sicherlich mit minimaler Überarbeitung mit KI übersetzt werden, ohne dass es zu nennenswerten nachteiligen Auswirkungen kommt. Technische Dokumente hingegen, die unternehmensspezifische Terminologie enthalten, können nicht ohne erhebliche Risiken den unvermeidlichen Unwägbarkeiten von KI-Übersetzungen überlassen werden.

Es geht darum, an der völlig falschen Stelle zu sparen.

Dies ist nämlich der Kern des Problems.

Dabei ist zunächst zu unterscheiden zwischen großen Übersetzungsmengen, die schneller benötigt werden, als ein menschlicher Übersetzer sie liefern kann, und Übersetzungen von z.B. Maschinen-Betriebsanleitungen, die während der gesamten Lebensdauer einer Maschine verwendet werden und 100% akkurat sein müssen, um eventuell katastrophale oder tödliche Folgen zu vermeiden.

Die Kosten für die Übersetzung solcher Bedienungsanleitungen sind im Vergleich zu den Preisen für die Maschinen selbst so verschwindend gering, dass es unverständlich ist, warum Hersteller versuchen, ein paar Euro zu sparen, indem sie die billigste Lösung für ihre Übersetzungen wählen.

Die Folgen können im schlimmsten Fall verheerend sein.

Dumpingpreise bei Sprachdienstleistern – eine Stellungnahme für Übersetzer

Eine weitere Folge dieser Übersetzungsrevolution (aus der Sicht des Übersetzers): Die von Übersetzungsagenturen an professionelle Übersetzer (wobei die Betonung hier auf „professionell“, d. h. fachkundig liegt) gezahlte Wort- oder Zeilenpreise sind kontinuierlich gesunken, während die Erwartungen an eine hervorragende Qualität gleich geblieben sind. Es ist verständlich, dass Unternehmen, die große Mengen an Übersetzungen in mehreren Sprachen benötigen, auf größere Übersetzungsunternehmen zurückgreifen, um ihren Bedarf zu decken.

Viele Übersetzungsagenturen zahlen ihren freiberuflichen Übersetzern jedoch seit Jahren notorisch unangemessene Honorare (und ja, diese Behauptung lässt sich belegen, aber vorzugsweise nicht öffentlich), und die Situation hat sich seit der allgemeinen Verbreitung von KI-Übersetzungslösungen noch weiter verschlechtert.

Die Preise, die solche Agenturen ihren direkten Kunden auf ihren Websites anpreisen, machen dies unmissverständlich deutlich. Ein Unternehmen, das für eine Übersetzung einen Preis von z.B. 11 Cent pro Wort angibt, zahlt seinen Übersetzungsdienstleistern natürlich nur einen Teil dieses Betrags. Angemessen sieht ganz anders aus. Dies liegt weit unter der Vergütung, die nach unserer Erfahrung vor 5 oder 10 Jahren an freiberufliche Übersetzer gezahlt wurde.

Realistische und angemessene Honorare

Ein realistischer Endpreis, den ein Übersetzungsbüro für eine technische Übersetzung im Bereich Maschinenbau verlangt, sollte beispielsweise bei etwa 18 Cent pro Wort liegen. Damit könnte die Agentur seinen Freiberuflern (die den weitaus überwiegenden Teil ihrer Mitarbeiter ausmachen) ein angemessenes Honorar in Höhe von 11 oder 12 Cent pro Wort zahlen.

Eine Agentur, die ihren Endkunden einen niedrigen Wortpreis anbietet, kann es sich nicht leisten, kompetenten Übersetzern eine angemessene Vergütung zu zahlen. Folglich werden sie wohl kaum in der Lage sein, hochqualifizierte Übersetzer zu engagieren, die bereit sind, für Groschen zu arbeiten.

Firmenkunden verweisen gerne auf KI-Übersetzungsmethoden, weil sie glauben, dass sich dadurch die Kosten und die Bearbeitungszeit für ihre Übersetzungen erheblich reduzieren lassen. Diese Behauptungen beruhen größtenteils auf völliger Unkenntnis über Übersetzungsprozesse und alles, was damit zusammenhängt, und sie vernachlässigen auch komplett die unschätzbaren Erfahrungen und Kenntnisse des Übersetzers im Fachgebiet des Kunden. Erfahrungen und Kenntnisse, die ansonsten in praktisch allen Branchen als selbstverständlich angemessen honoriert werden.

7 gravierende Nachteile von KI-Übersetzungen: Eine Zusammenfassung

1. CAT-Tools (computergestützte Übersetzung) und Glossar-Tools sind für Firmenübersetzungen unabdingbar. Solche Tools können ohne menschliche Interaktion nicht zuverlässig in einen KI-Übersetzungsworkflow integriert werden.

2. NMT-Tools können nicht erkennen, dass ein Unternehmen bestimmte Begriffe verwendet, die zwar eigentlich falsch sind, die es aber nicht ändern möchte, um seine Kunden und Nutzer nicht zu verwirren (aus unserer Erfahrung ein wahres Szenario!).

3. NMT-Tools können nicht zuverlässig mit den Layout- und Formatierungsproblemen des Desktop-Publishing umgehen, die im Übersetzungsprozess häufig auftreten.

4. Inhalte für verschiedene Sektoren und Branchen erfordern einen anderen Ansatz für Übersetzungen, der von einer KI-Übersetzungslösung nicht unbedingt zuverlässig erkannt werden kann.

5. NMT-Tools haben weder ein Gehirn noch eine Seele. Sie spucken nur aus, was man ihnen beigebracht hat.

6. Sie können nicht über den Tellerrand hinausschauen und fantasievolle Übersetzungen anfertigen.

7. Sie sind nicht in der Lage, Fehler im Ausgangstext zu erkennen, trotzdem die richtige Übersetzung zu liefern, und den Kunden darauf hinzuweisen.

7 gravierende Nachteile von KI-Übersetzungen: Eine vollständige Analyse

Fazit

Firmenkunden müssen weiterhin die Qualität der von menschlichen Übersetzern erhaltenen Übersetzungen schätzen, die KI in ihren Arbeitsabläufen einsetzen und dadurch mehr Zeit für Recherchen und Genauigkeitszwecke gewinnen, um zuverlässig Übersetzungen von höchster Qualität zu liefern.

Firmenkunden müssen weiterhin den Mehrwert zu schätzen wissen, den Übersetzungen von höchster Qualität für ihren Geschäftserfolg mit sich bringen.

KI-Übersetzungslösungen sind natürlich nicht mehr wegzudenken. Sie werden zwangsläufig im Laufe der Zeit immer bessere Ergebnisse liefern – allerdings nicht unbedingt für jeden Unternehmenszweck.

Übersetzer müssen diesen Fortschritt bei ihrem Dienstleistungsangebot berücksichtigen. Ihre Vergütung (sei es von Übersetzungsagenturen oder Endkunden) muss jedoch ihren fachlichen Kenntnissen, ihrer berufliche Erfahrung und ihren technischen Fähigkeiten (z. B. in Bezug auf Übersetzungssoftware und deren Funktionen) gerecht sein.

Übersetzungsagenturen müssen lernen und anerkennen, dass KI-Übersetzungstechnologie kein Mittel zum Zweck ist, um ihren Kunden Preise anzubieten, die die Kenntnisse, Erfahrung und Fähigkeiten ihrer freiberuflichen Übersetzer herabsetzen.

Die Eignung von KI-Übersetzungen für bestimmte Fachgebiete muss von Firmenkunden sorgfältig und gründlich geprüft werden.

KI-Übersetzungen dürfen nur als das A und O für Firmenübersetzungen betrachtet werden, wenn ein Unternehmen übermäßige Risiken eingehen will.